Wurzener Geschichte zum Tag der Industriekultur Betriebe entlang der B6 laden zum Blick hinter die Kulissen ein

Wurzen. Für den Aufschwung sorgte einst die Eisenbahn. Als am 31. Juli 1838 erstmals die zwei Wagenzüge mit den Lokomotiven „Windsbraut“ und „Faust“ auf der Strecke Leipzig – Dresden in Wurzen stoppten, zählte die kleine Landgemeinde an der Mulde gerade einmal knapp 3800 Einwohner. Bis 1925 wuchs die Bevölkerung um ein Vierfaches und das vor allem aufgrund der Ansiedlung von Unternehmen.

Auf jenen Teil der lokalen Geschichte richtet der Verein Standortinitiative Wurzen & Wurzener Land (SiW) demnächst wieder den Fokus. Anlass sind die Tage der Industriekultur 2020 vom 3. bis 6. September. „Bereits seit 2014 nehmen Wurzen und das Wurzener Land an den Tagen teil und haben sich zu einem Magneten außerhalb von Leipzig entwickelt“, berichtet Vorstandsmitglied Ulrich Heß. Bei ihm laufen die Fäden der Organisation zusammen.

Um möglichst viele Besucher zu locken, setzt die SiW von jeher thematische Schwerpunkte. Diesmal wird es die Bundesstraße 6 sein, verrät der Historiker. Denn noch heute ist die Magistrale parallel zur Bahnlinie Leipzig – Dresden die Heimstätte traditionsreicher Betriebe – Filzfabrik, Wurzener Nahrungsmittel GmbH, Industriefabrik Schneider GmbH, vormals Richard Klinkhardt KG, Gießerei Wurzen GmbH, Liftket Hoffmann GmbH oder Neuman & Esser.

„Entlang der B 6, vom Beginn der Stadt bis zum Ende, gibt es 24 Unternehmen und Dienstleister. Zwölf von ihnen beteiligen sich an den Tagen der Industrie“, so Heß. Dabei präsentieren die Gastgeber ganz unterschiedliche Angebote – Informationen, Kultur, Betriebsbesichtigungen. „Der offizielle Startschuss findet übrigens am 5. September ab 11 Uhr bei der Cryotec Anlagenbau GmbH in der Dresdener Straße 76 statt. Klangkünstler Erwin Stache wird die Veranstaltung kulturell umrahmen.“

Was Besucher genau wo erleben können, lässt die SiW eigens in einem Programmheft drucken. Die 3000 Exemplare sollen dann ab der zweiten Julihälfte verteilt werden – zeitig genug für Anmeldungen. Natürlich hofft Heß ebenso auf reichlich Zuspruch aus Leipzig, informierte deshalb schon die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH über den anstehenden Termin. „Mit den Tagen der Industriekultur wollen wir insbesondere die gute Mischung des Industriestandortes Wurzen aufzeigen und zugleich sagen: Wir sind noch da!“

Zuletzt verweist Heß noch auf das eine oder andere Sahnehäubchen am 5. September. Unter anderem öffnet Matthias Hühn, bis Ende 2016 Geschäftsführer der Liftket Hoffmann GmbH, seine private Automobilausstellung „Zündmagnet“ in der Dresdener Straße und lädt zu einem Vortrag mit Gundula Tutt ein. Die promovierte Oldtimer-Restauratorin verhilft dem Polymobil, das Hühn im Tausch mit Ringelnatz-Bildern vom Wurzener Museum erhielt, zu neuem Glanz. Ganz im Zeichen des ehemaligen volkseigenen Betriebes Mafa steht außerdem eine kleine Schau im SiW-Vereinsdomizil Dresdener Straße 50 (Präzisionswerkzeuge Wurzen). Dokumente aus dem Nachlass des damaligen Mafa-Entwicklungsingenieurs Rudolf Fleck und Aufnahmen des Grimmaer Fotografen Gerhard Weber skizzieren die jüngere Geschichte des Anlagenbauers, der bis Dezember 1989 in Wurzen 728 Mitarbeiter beschäftigte.

Kai-Uwe Brandt

Quelle: LVZ vom 01.07.2020