Stadtrat stimmt Antrag des Vereins Standortinitiative zu / Lange Liste umfasst auch Reichskanzler von Bismarck
Wurzen. Dietrich Hoffmann soll nach dem Willen des Stadtrates der 17. Ehrenbürger der Stadt Wurzen werden. Bei drei Enthaltungen – Axel Fleck (SPD), Klaus Meißner (Linke) sowie Johannes Jähnigen (CDU) – befürworteten die Volksvertreter kürzlich den Antrag des Vereins Standortinitiative Wurzen & Wurzener Land (SiW). Bereits im Vorfeld hatten alle Mitglieder des Kulturausschusses für die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an den 92-jährigen Altunternehmer votiert.
Laut Oberbürgermeister Jörg Röglin (SPD) liegt die Bitte der SiW dem Stadthaus mit Schreiben vom 9. Juli vor. Darin heißt es: „Herr Dietrich Hoffmann, 1926 geboren, ist Gründer und langjähriger Inhaber der Firma Hoffmann Fördertechnik GmbH und hat sich allein durch die Entwicklung dieses bis heute international erfolgreichen Unternehmens um die wirtschaftliche Stärkung der Stadt verdient gemacht.“ Weitaus gewichtiger sei jedoch der Anteil Hoffmanns an der erfolgreichen Wiederentstehung einer ganzen Reihe kleiner sowie mittlerer Betriebe in Wurzen und der Region, so SiW-Vorsitzender Eberhard Lüderitz und Vereinsvorstand Ulrich Heß.
Immerhin wurde der studierte Maschinenbau-Ingenieur 1990 von der Regierung Modrow sogar als Berater für den Bereich Reprivatisierung berufen und entwickelte das Reprivatisierungsgesetz vom März 1990 mit. Aufgrund seines Engagements gehörte der damalige VEB Fördertechnik Wurzen zu einem der ersten zehn privatisierten Unternehmen der ostdeutschen Industrie. Allein Hoffmanns Lebenswerk sowie sein unternehmerisches Wirken sei „ein herausragendes Beispiel“ für nachfolgende Generationen, betonte die SiW zum Schluss.
Ringelnatz-Geburtshaus in Wurzen, Crostigall 14. Andreas Röse
Den Grundstein der Erfolgsgeschichte legte Dietrich Hoffmann übrigens 21-jährig am 1. Januar 1948 mit der Gründung der Maschinenfabrik. Sitz des Unternehmens, das sich mit der Entwicklung und Herstellung landwirtschaftlicher Geräte beschäftigte, war seinerzeit im Geburtshaus von Joachim Ringelnatz – Crostigall 14. 1953 brachte Hoffmann seinen ersten Elektrokettenzug auf den Markt und in der Folge mehrere Produkte, für die er zahlreiche Patente erhielt. In den 50er-Jahren wuchs allerdings auch der Druck des sozialistischen Systems, sodass Hoffmann 1959 eine staatliche Beteiligung von 20 Prozent annehmen musste. Um einer Mitgliedschaft in der Sozialistischen Einheitspartei (SED) zu entgehen, trat der Firmenchef wie viele andere in die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) ein.
Gegen die Verstaatlichung 1972 blieb er dennoch machtlos, leitete zunächst das eigene Unternehmen mit 50 Mitarbeitern. 1977 avancierte Hoffmann zum Direktor des volkseigenen Betriebes. Weil er sich weiterhin wehrte, SED-Mitglied zu werden, verlor er fünf Jahre später den Posten, durfte aber dank seiner Kompetenz an der Spitze des Exportbüros bleiben. Die neue Zeitrechnung begann schließlich am 1. Mai 1990. Bereits im Herbst 1989 hatte der Senior mit seiner Tochter Brigitta und Schwiegersohn Matthias Hühn über eine gemeinsame Führung der Familien-GmbH gesprochen. Zum 1. September 1992 stieg Matthias Hühn zum alleinigen Geschäftsführer auf und blieb dies bis 2016.
Mit der Veräußerung an einen Investor stellte die Gründerfamilie im Dezember 2016 nicht nur die Weichen für eine Weiterentwicklung, sondern regelte zugleich die Unternehmensnachfolge. Im Zuge der Übernahme der Geschäftsanteile verschmolz dann am 24. Juli 2017 die Hoffmann Fördertechnik GmbH mit der AF Lifting GmbH aus München zur Liftket Hoffmann GmbH.
Anfang Januar zum Bürgerfrühstück im Kulturhaus Schweizergarten soll die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes an den 92-jährigen Unternehmer Dietrich Hoffmann stattfinden. Zuletzt erhielt Stadtchronist Wolfgang Ebert 2014 die Schärpe von Oberbürgermeister Röglin umgehängt und ein Jahr zuvor der Doppel-Olympiasieger im Ruder-Vierer Philipp Wende. Weiter auf Kommentar
Von Kai-Uwe Brandt
Quelle: LVZ vom 09.10.2018
Zur 1050-Jahrfeier Wurzens saß Dietrich Hoffmann neben dem 2006 gekürten Ehrenbürger Richard Klinkhardt (r.). Jetzt soll Hoffmann selbst Ehrenbürger werden. Das Geburtshaus von Ringelnatz (kl. Foto) war einst Gründungssitz seines Unternehmens. Fotos: Archiv