Abschied von der Rumpelkammer: Pesta verwandelt Dachboden in Museum

Oberschule in Wurzen feiert im Juni ihren 125. Geburtstag

 Die Pesta wird 125 Jahre alt. Und aus diesem Anlass plant die Bildungsstätte in der August-Bebel-Straße 38 mit derzeit 396 Schülern und 30 Lehrern am 23. Juni eine Geburtstagsfeier für geladene Gäste – im Schulhaus und auf dem Hof. Was die Besucher an diesem Tag ab 16 Uhr erwartet, weiß Kristin Pommer.

Die 34-jährige Lehrerin für Englisch und Ethik hält sämtliche Fäden der Organisation in der Hand.

„Wir haben die Idee, uns als Schule der Vergangenheit und Gegenwart darzustellen.“ Schon deshalb wurden neben Vertretern von Behörden und aus der Stadtverwaltung zahlreiche ehemalige Lehrer und Schüler eingeladen. „Laut aktueller Liste 41 frühere Lehrer“, ergänzt Schulleiter Steffen Rößler und kündigt für alle eine Überraschung an. Zu den Höhepunkten des Nachmittags gehört ein Programm, Darbietungen des Stuntmans Tilo Hase, der einst die Pesta besuchte und erst kürzlich im Rahmen eines Schülerprojektes vor Ort war, sowie die Präsentation der Ganztagsangebote, verrät Pommer nur einige Details. „Als Festredner konnten wir außerdem Ehrenbürger und Stadtchronist Wolfgang Ebert gewinnen.“ Zum Mitmachen laden überdies Sportvereine ein, die wie die Bildungsstätten aus Wurzen zu den Besuchern der Jubiläumsparty gehören.

Bereits im Vorfeld hatte Rößler übrigens per Rätselaktion die heutigen Schüler auf das Ereignis eingestimmt – „mit einem winzigen Haken“. Denn es galt, nicht nur die Lösung zu finden, sondern diese ebenso rasch beim Schulleiter abzugeben. So viel verrät Rößler schon einmal: „Der Gewinner, weil Schnellster, ist die Klasse 8 b.“ Sie darf sich über einen finanziellen Obolus aus der Privatbörse Rößlers für die Klassenkasse freuen. Keineswegs unerwähnt lassen wollen Rößler und Pommer eine Premiere am 23. Juni. „Wir eröffnen ein Schulmuseum.“ Dazu wurde der Boden unterm Dach von Gerümpel befreit und beim Frühjahrsputz der Stadt gestrichen. „Ganz besonders gefreut hat uns die Hilfe von Oberbürgermeister Röglin.“ Das Stadtoberhaupt griff nämlich selbst zu Pinsel und Farbeimer und gab Hand in Hand mit Rößler und Stadtsprecherin Cornelia Hanspach den Wänden frischen Glanz.

Mittlerweile häufen sich im großen Raum die alten Utensilien. Darunter eine abgewetzte Schulbank, ein antiquierter Polylux-Projektor und diverse Unterrichtsmaterialien von anno dazumal. „Dank des Mazda-Autohauses Lieske in Wurzen sind wir jetzt außerdem Besitzer von zwei Vitrinen“, freut sich Rößler über eine unverhoffte Spende. Der Bittbrief der Pesta für eine Gabe zum Geburtstag kam im richtigen Moment, erzählt Filialleiter Holm Thiemecke, da das Autohaus gerade umrüstete. Nun hofft er, dass sich die Glasschränke demnächst mit vielerlei Exponaten aus früheren Zeiten füllen. Unterstützung erhielt die Pesta aber ebenso von anderer Seite. Stellvertretend für die Mäzenen des Jubiläums nennt Rößler die Volks- und Raiffeisenbank Muldental und Peter Birkholz aus Berlin, der mit Hintersinn für jedes Jahr einen Euro locker machte – also summa summarum 125.

Zum Schluss verteilt Rößler noch ein Trostpflaster, da ja zur Feier nicht alle Interessierten kommen können. „Wer Lust und Laune hat, unsere nunmehr 125 Jahre alte Schule zu besuchen, ist recht herzlich am 30. November eingeladen – zum traditionellen Tag der offenen Tür.“

VON KAI-UWE BRANDT

 

Geschichte der Pestalozzi-Oberschule

1888 bis 1891 – Bau einer Bürgerschule in der Albertstraße, heute August-Bebel-Straße,

1906 – Anbau des Ostflügels und der Turnhalle in der Caraolastraße, heute Schillerstraße,

1891 bis 1914 – 1000 Jungen (ca. 30 Lehrer) besuchen die Schule in 38 Klassen,

1925 – beträchtlicher Umbau,

1941 – Knabenschule erhält den Namen „Dietrich-Eckart-Schule“,

1943 – Neubau wird zum Flüchtlingslager,

April 1945 – Schule wird Gefechtsstand des Stadtkommandanten Major Adolf Gerstefeld,

Herbst 1945 – Wiedereröffnung der Schule als Hauptschule,

16. Januar 1946 – Umbenennung in Pestalozzi-Oberschule,

1947/1948 – Mädchen und Jungen werden gemeinsam unterrichtet,

1951 bis 1971 – Schule wird erst Mittel-, dann Oberschule, zeitweise 1500 Schüler und 80 Lehrer und Erzieher,

1966 – Bau einer kleinen Sternwarte durch Astronomielehrer Wolfgang Maurer,

1993 – Umbau der Kellerräume zu Technikkabinetten,

ab 1995 – grundlegende Modernisierung der Schule.

 

Quelle: LVZ vom 24.05.2016