Wurzen ist bunt – Bürgerbrunch am

WURZEN. Bündnis für Demokratie richtet zum 1. Mai Veranstaltung aus / Demo der Rechten auf dem Jacobsplatz  Am Balkongeländer des Alten Rathauses steht auf einem Plakat in großen Lettern: Wurzen ist bunt. Und wahrlich! Unten auf dem Marktplatz zeigte sich Wurzen gestern am 1. Mai bunt.

Das Bündnis für Demokratie gegen Neonazismus – eine Allianz von Vereinen, der Kirche, Stadträten, Einwohnern und der Stadtverwaltung – hatte in Partnerschaft mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund ab 13 Uhr zum Bürgerbrunch geladen.

Dass es überraschend viele Gäste wurden, freute besonders Oberbürgermeister Jörg Röglin (parteilos). Immerhin zogen zur gleichen Zeit etwa 80 Anhänger der Jungen Nationalisten und des NPD-Landesverbandes Sachsen skandierend und begleitet von Polizeibeamten über die Wenceslai- und Badergasse zum Jacobsplatz. „Es ist nie leicht, solche Veranstaltungen wie den Bürgerbrunch für Demokratie und Toleranz auf die Beine zu stellen“, sagte Röglin. Schließlich gab es im Vorfeld einige Befindlichkeiten in Vereinen, Kitas und Schulen – „wenn zugleich Rechte in der Stadt sind, dann kommen wir nicht – zu gefährlich“. Für diese Art der Vorsicht habe der 45-Jährige Verständnis. „Doch wir lösen die Probleme nicht, in dem wir vermeintlich einfache Antworten geben, wie sie hinter uns gerade durch die Stadt getragen werden.“ Der erste Weg, betonte Röglin in seiner Begrüßungsrede, müsse es sein: „Gesicht zu zeigen und sich nicht zu verstecken.“ Aus seiner Sicht seien rechte Aufmärsche gefährlich, da sie die Szene nachhaltig stärken. „Deshalb ist Widerstand eine Aufgabe der Bürger. Und alle, die heute gekommen sind, tun das. Dafür meinen Dank und meine Anerkennung.“

Unter denen, die Gesicht zeigten, befand sich Marianne Ernst. Sie steht vor der Tür des Hauses Markt 5. In den Räumen, die einst die Tourist-Information beherbergte, richtete das Unterstützernetzwerk für Flüchtlinge im Wurzener Land eine Spendenzentrale ein. Von Beginn an half die 75-Jährige mit „Ich war selber einmal Flüchtling und kann nachvollziehen, wie sich die Menschen fühlen.“ Derzeit würden vor allem Haushaltsgegenstände gebraucht – Geschirr, Besteck, Küchenutensilien aller Art.

Draußen füllen sich unterdessen die Tische. Zu den Gästen auf den Bänken gehören ebenso Asylbewerber. Es wird gemeinsam Bratwurst gegessen oder Kuchen und miteinander geredet. Zum Gelingen des bunten Nachmittags beigetragen hat unter anderem der städtische Kulturbetrieb. Unweit des Ringelnatzbrunnens zeigen Pfadfinder ihr Können, der Förderverein der Grundschule Kühren lockt mit einem Bücherbasar. Stadträte wie Peter Poppe, Klaus Meißner (beide Linke), Heinz Richerdt (SPD) und der Vorsitzende des Vereins Standortinitiative Wurzen, Eberhard Lüderitz, vertiefen sich in Gesprächen. „Ich denke, wir hier in Wurzen sind auf einem guten Weg“, beendete Röglin mit Blick über den Marktplatz seine Rede. „Machen wir weiter so und melden nach ,oben’, wo die Säge klemmt und schauen vor Ort, wie wir Integration lebendig gestalten.“ Kommentar

Von Kai-Uwe Brandt
Quelle: LVZ vom 02.05.2016

 

Bei schönen Wetter setzten Wurzener Bürger
gestern Nachmittag ein Zeichen für Demokratie
und Toleranz.Foto: Kai-Uwe Brandt