„Wurzen, ach Du liebe Zeit, mein Wurzen“: Jetzt werden die schönsten Fotos gesucht

Der Wettbewerb

Wettbewerb zum Tag der Sachsen (4. bis 6. September): Die besten Schnappschüsse landen auf Riesenplane!
Wurzen. Ulrich Heß erntete in den 90er-Jahren auf einer wissenschaftlichen Konferenz in den USA zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges noch ungläubiges Kopfschütteln: "Was, Sie kommen aus Wurzen – diesem braunen Nest?" Der Satz hatte sich tief ins Gedächtnis des Vorstandsmitglieds der Standortinitiative Wurzen (SiW) eingebrannt.

Umso erleichterter ist der 70-Jährige heute, wenn er die Radwanderer aus nah und fern auf dem Markt schwärmen hört: "Was für eine schöne Stadt!"
Zum Tag der Sachsen vom 4. bis 6. September lobt die SiW einen Fotowettbewerb aus. Frei nach Ringelnatz lautet das Motto "Wurzen, ach Du liebe Zeit, mein Wurzen". Der Startschuss sei bereits erfolgt, bis Ende Juni können jeweils bis zu drei farbige oder Schwarz-weiß-Fotos eingereicht werden. Eine Auswahl der Schnappschüsse soll beim größten Volksfest Sachsens auf einer Riesen-Plane zu bewundern sein. Diese wird über die derzeit noch unschöne Fassade des damaligen, längst verwaisten Cafés Sanne auf dem Wettinerplatz gespannt.
Wurzen, eine der ältesten und schönsten Städte Sachsens, habe viel mehr Motive zu bieten als Dom, Schloss und Kirche, sagt Ulrich Heß, der besonders auf die vielfältige Industrie schwört. "Die Mühlentürme suchen ihresgleichen. Aber auch die Dresdener Straße mit ihren Fabriken, Silos und Werkstätten lässt das Herz eines jeden Architekturliebhabers höher schlagen – sie ist zu einer Industrie-Magistrale geworden, besonders nachts, wenn alles illuminiert ist."
Die damals gerade mal 18 Gründungsmitglieder der SiW veranstalteten vor gut zehn Jahren eine erste Ausstellung im Verwaltungsgebäude der Teppichfabrik. Titel: "Abschied von der Teppichfabrik – Ankunft in der Industriestadt Wurzen". An einer fast 40 Meter langen Wäscheleine waren mit Holzklammern jede Menge Erinnerungen bezüglich des seit 1996 geschlossenen Betriebes befestigt: Arbeitsverträge, Entwürfe und sogar ein in Finnland erschienener Artikel über eine DDR-Arbeiterin. Hier Trauer, dort Power: Der Berliner Fotograf Hitch porträtierte zehn verschiedene Wurzener Unternehmen.
"Inzwischen gibt es weit mehr als diese zehn Unternehmen", sagt Ulrich Heß. Die Luftzerlegungsanlagen von Cryotec gehen in alle Welt. Zwei Mann gründeten 1992 das Ingenieurbüro, inzwischen zähle der Betrieb knapp 50 Beschäftigte. Tendenz steigend. Erfolgsgeschichten seien zum Beispiel auch GEA, WRC oder Hoffmann Fördertechnik. "Ein traditionsreiches Unternehmen ist neben der Nahrungsmittel GmbH die Filzfabrik, deren Hammerkopfoberfilze in der Klavierherstellung rund um den Erdball zum Einsatz kommen."
Die kleinen und mittleren Wurzener Unternehmen hätten die Krise 2008/09 gut überstanden, sagt Heß: "Wir haben im Raum Wurzen eine Arbeitslosenquote von 6,7 Prozent und liegen nur 0,2 Punkte über dem Bundesdurchschnitt. Damit stehen wir besser da als vergleichbare Regionen im Landkreis. Natürlich pendeln zahlreiche Wurzener in die Großstadt Leipzig, aber auch unsere eigene Industrie ist durchaus ein Faustpfand."
Beim Tag der Sachsen wird sich die SiW mit einem eigenen Stand in der Wenceslaigasse präsentieren. Dazu kommt die mit Spannung erwartete Fotoausstellung. Ulrich Heß freut sich auf eine bunte Stadt, die Wurzen inzwischen wieder ist – im Vergleich zu den 90er-Jahren, da Wurzen als Hochburg der Neonazis galt. Die SiW reagierte damals mit einer auch bundesweit beachteten Plakataktion gegen Rechtsextremismus.
Mittlerweile, so Heß, stehe Wurzen mit überregional wahrnehmbaren Initiativen wie dem Gedenkmarsch und der Verlegung von Stolpersteinen für Weltoffenheit und Toleranz. "Davon sollen sich im September, nicht zuletzt auch bei der Fotoausstellung, möglichst viele Gäste ein Bild machen." © Kommentar

Benötigt werdendigitale Foto-Bilddateien mit einer Auflösung von mindestens 300 dpi beziehungsweise drei Megabite Datenmenge. Jedes einzelne Foto beziehungsweise die jeweilige Bilddatei muss Name und Titel enthalten. Geschickt werden sollen die Fotos an die E-Mail-Adresse: info@standortinitiative-wurzen.de. Die Übergabe auf CD oder DVD beziehungsweise USB-Stick ist bei der SiW, Dresdener Straße 50, ebenfalls möglich. Dann muss aber eine Bildliste beiliegen. Eine Jury wird die besten Fotos auswählen. Weitere Informationen unter Tel. 03425/85 41 52.

Von Haig Latchinian

Illuminierte Industrie-Magistrale: Das Verwaltungsgebäude
der Hoffmann Fördertechnik GmbH an der Dresdener Straße. Foto: privat

Freuen sich auf den Sachsentag: Eberhard Lüderitz (l.),
Vorsitzender der Standortinitiative, und Ulrich Heß.

 

Quelle: LVz vom 06.05.2015, Seite 29