Herausforderung in Meltewitz: Industrietaucher kommen zum Einsatz

Beim Betonieren der Baugrubensohle für die neue Kläranlage sind unerwartete Arbeiten unter Wasser erforderlich

Lossatal/Meltewitz. Ein derartiges Prozedere etwa an der Hamburger Waterkant ist längst Routine – ein solches Projekt im Landkreis Leipzig dagegen ziemliches Neuland, schätzt Thomas Zimmermann vom gleichnamigen Wurzener Ingenieurbüro ein:

Mit Spannung wird im 350-Seelen-Ort Meltewitz der Einsatz von Industrietauchern erwartet. Unter Wasser sollen sie vielleicht schon in der kommenden Woche die Baugrubensohle für Teile der neuen Kläranlage betonieren.
Die Gruppenkläranlage für die Abwässer der gut 100 Meltewitzer Grundstücke soll ohne Pumpwerk und nur mit natürlichem Gefälle arbeiten. Dafür aber müssen die beiden der Anlage vorgeschalteten Sammelbehälter mit einem Fassungsvermögen von je 15 Kubikmetern sehr tief gegründet werden. Hierin liegt das Problem: "Wir wussten zwar, dass Fels ansteht. Doch dass er derart zerklüftet ist, hatten wir nicht erwartet", sagt Planer Zimmermann. Weil sowohl Standsicherheit als auch Wasserdichtigkeit der zur Aufnahme der Sammelbehälter nötigen Spundwände auf herkömmliche Weise nicht zu gewährleisten seien, wurden in den Fels zunächst acht stählerne, zwölf Meter lange Anker gebohrt, an die nun noch eine unter Wasser zu betonierende Bodenplatte zu befestigen ist. "Genau dabei werden uns die Taucher helfen. Sie führen unter Wasser auch den Betonierschlauch und kontrollieren zudem, dass aus den Spundwandtälern der Boden komplett gelöst wird", so Zimmermann.
Die Meltewitzer müssen ihre Abwasserentsorgung bis 2015 auf den geforderten Stand der Technik bringen. Nach dem Zusammenschluss der ehemaligen Kommunen Hohburg und Falkenhain zur Gemeinde Lossatal initiierten sachkundige Einwohner des Ortes die Wiederaufnahme der Variantendiskussion. Dabei stand man vor der Frage, was kostengünstiger und vor allem zukunftssicherer sei: Entweder mache weiter jeder seins oder man entscheide sich für eine Gruppenkläranlage samt neuem Schmutzwasserortsnetz. Variante zwei bekam den Zuschlag. Im Juni 2013 begannen die Arbeiten in Regie der Gemeinde. Schon im September waren im Zentrum der Ortslage die ersten 800 Meter des neuen Leitungsnetzes fertig verlegt. Der zweite Abschnitt in Richtung Mark Schönstädt umfasst Kanäle mit einer Länge von gut einem Kilometer – dieser soll noch im März abgeschlossen sein, hieß es. Die Komplettierung des Schmutzwassersammlers im Osten mit weiteren rund 500 Metern Kanälen sei für 2015 anberaumt.
Insgesamt kostet das Projekt gut 1,3 Millionen Euro. Die eigentliche Kläranlage wird auf kommunalem Grund und Boden hinterm Vereinshaus errichtet. Die Reinigung der Abwässer soll über einen Scheibentauchkörper erfolgen. "Eine gängige Methode, die sich auch vielfach bewährt hat", zeigt sich Planer Zimmermann zuversichtlich. Auf rotierenden Kunststoffscheiben wächst eine Art Biorasen. Dessen Mikroorganismen ernähren sich von den abbaubaren Bestandteilen der Abwässer, die dann gereinigt in die Lossa geleitet würden.
Die Inbetriebnahme von Bauabschnitt eins und zwei ist für Ende April geplant. Vorausgesetzt die bevorstehenden Arbeiten der Taucher verlaufen erfolgreich: "Für unser Ingenieurbüro bedeutet das Betonieren unter Wasser eine neue Herausforderung. Sobald der Beton erhärtet ist, kann die Baugrube ausgepumpt werden, dann fließt ja kein Grundwasser mehr nach", sagt Zimmermann, der betont, dass er trotz des erhöhten Aufwandes im finanziellen Budget bleibe. Haig Latchinian

 

LVZ vom 04.03.2014 Seite 27